Betreff
Übernahme von Gesellschaftsanteilen an der Gemeinnützige Aus-, Fortbildungs- und Umschulungsgesellschaft mbH Oberlungwitz durch den Landkreis
Vorlage
BV/409/2022
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.  Der Kreistag stimmt der Übernahme des Geschäftsanteiles an der GAFUG des Mitgesellschafters Herrn Siegfried Hartig durch den Landkreis Zwickau zu.

 

2.  Der Landrat wird ermächtigt, alle im Zusammenhang mit der Übernahme o. g. Geschäftsanteiles erforderlichen Handlungen vorzunehmen.

 

 


Begründung:

Ausgangslage/Rahmenbedingungen
Der Landkreis Zwickau ist mit 52 Prozent (13.520 Euro) an der GAFUG beteiligt. Weitere drei Anteile werden von Privatpersonen gehalten. Das Stammkapital beträgt 26.000 Euro.

Herr Siegfried Hartig hat zum 31. Dezember 2021 seine Anteile an der GAFUG in Höhe von 14 Prozent (3.640 Euro) fristgerecht gekündigt.

Nach § 11 Absatz 3 Gesellschaftsvertrag ist der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet, seinen Geschäftsanteil, nach Wahl der Gesellschaft, auf die übrigen Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung oder auf die Gesellschaft oder auf einen von der Gesellschaft zu benennenden Dritten zu übertragen oder die Einziehung zu dulden.

In der Gesellschafterversammlung der GAFUG vom 6. Dezember 2021 teilten die weiteren Gesellschafter, Herr Roßner und Herr Richter, mit, dass sie ihr Vorkaufsrecht nicht wahrnehmen werden, so dass keine anteilige Übertragung erfolgen kann. Es wurde sich darauf verständigt, dass der Landkreis Zwickau die Anteile des Herrn Hartig übernimmt.

Mit der Übernahme der Anteile des Herrn Hartig besitzt der Landkreis Zwickau 66 Prozent der Geschäftsanteile (17.160 Euro).

Da nach § 6 Absatz 6 Gesellschaftsvertrag Gesellschafterbeschlüsse einer Mehrheit von drei Viertel der Stimmen aller Gesellschafter bedürfen, ändern sich die Einflussrechte des Landkreises Zwickau nicht. Ein Aufsichtsrat ist nicht vorhanden (Gesellschafterbeschluss vom 13. Juni 2016).

Das Kommunalrecht stellt an unternehmerische Betätigungen der Gemeinden nachfolgend aufgeführte Anforderungen.

Kommunalrechtliche Anforderungen
Die Übernahme des Geschäftsanteils ist als wesentliche Veränderung der GAFUG und der unmittelbaren Beteiligung durch den Landkreis im Sinne des § 96 Absatz 1 SächsGemO zu werten und fällt gemäß § 24 Absatz 2 Nr. 14 SächsLKrO in die Zuständigkeit des Kreistages des Landkreises Zwickau. Die §§ 94a bis 99, und 102 SächsGemO gelten für den Landkreis entsprechend (§ 63 SächsLKrO). Gemäß § 102 Absatz 1 SächsGemO ist daher auch die Übernahme des Geschäftsanteiles des Herrn Hartig durch den Landkreis Zwickau der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen und muss von dieser genehmigt werden.

Gemäß § 95 Abs. 2 SächsGemO ist der Kreistag des Landkreises Zwickau vor der Errichtung, Übernahme und wesentlichen Veränderung eines Unternehmens sowie der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung an einem solchen umfassend über die Chancen und Risiken der beabsichtigten unternehmerischen Betätigung sowie über deren Auswirkungen auf die private Wirtschaft zu unterrichten. Vor dem Beschluss über die Rechtsform des Unternehmens hat der Kreistag die Vor- und Nachteile der in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Organisationsformen im konkreten Fall abzuwägen.

Es ist ein Abwägungsprozess erforderlich, wobei nachfolgende Prüfung erforderlich ist:

 

-               „Ob“:   materiell-rechtliche Zulässigkeit einer unternehmerischen Betätigung

-              „Wie“:  Abwägung der Vor-/Nachteile der in Betracht kommenden Organisations-

formen einer unternehmerischen Betätigung

Auf die Darstellung und Abwägung zu alternativen Rechtsformen wird verzichtet, da es sich bei der GAFUG um eine bestehende Gemeinnützige GmbH handelt und es aufgrund der Übernahme von Geschäftsanteilen keiner Änderung bedarf.

Der Kreistag muss sachgerecht beurteilen können:

 

-               die wirtschaftlichen Chancen und Risiken der unternehmerischen Betätigung sowie

-               die Auswirkungen auf die ortsansässige private Wirtschaft.

Weiterhin ist die Zulässigkeit einer unternehmerischen Betätigung zu prüfen.

Nach § 94a Absatz 1 SächsGemO darf der Landkreis ein wirtschaftliches Unternehmen ungeachtet der Rechtsform nur errichten, übernehmen, unterhalten, wesentlich verändern oder sich daran unmittelbar oder mittelbar beteiligen, wenn der öffentliche Zweck dies rechtfertigt, das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des Landkreises und zum voraussichtlichen Bedarf steht und der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt. Diese Voraussetzungen können erfüllt werden

-               Rechtfertigung durch öffentlichen Zweck

Nach § 2 Absatz 2 Gesellschaftsvertrag ist die Förderung der Erziehung, Jugendhilfe, Volks- und Berufsbildung Zweck der Gesellschaft Dieser wird insbesondere durch die Errichtung und Betreibung von Kindertageseinrichtungen sowie Kinder- und Jugendheimen, Durchführung der Berufsvorbereitung, Ausbildung, Fortbildung und Umschulung von Menschen in allen Bereichen der Industrie, des Handwerks, der Landwirtschaft und Forsten sowie des Hotel- und Gastgewerbes verwirklicht.

 

-               angemessenes Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des Landkreises

Die Übernahme des Geschäftsanteiles verursacht einmalige Aufwendungen in Höhe von 3.640 Euro (entspricht Nennbetrag) zzgl. Nebenkosten.

Verpflichtungen zur Leistung von Nachschüssen, Einlagen u. a. enthält der Gesellschaftsvertrag nicht.

Durch die Übernahme des Geschäftsanteiles erhöht sich die allgemeine Haftungsverpflichtung des Landkreises von bisher 13.520 Euro auf 17.160 Euro.

 

-               Subsidiaritätsprinzip und Örtlichkeitsprinzip

Es muss gewährleistet sein, dass der Zweck, den die GAFUG zu erfüllen hat, nicht besser und wirtschaftlicher durch einen privaten Dritten erfüllt werden kann.

Die Gesellschaft übt seit 1991 die durch den Gesellschaftszweck bestimmten Tätigkeiten aus. Während dieser Zeit ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass ein privater Anbieter die in Frage stehenden Aufgaben besser und wirtschaftlicher erbringen könnte.

Nach § 96 Absatz 1 SächsGemO darf der Landkreis zur Erfüllung seiner Aufgaben ein Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts nur errichten, übernehmen, unterhalten, wesentlich verändern oder sich daran unmittelbar oder mittelbar beteiligen, wenn durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung die Erfüllung der Aufgaben des Landkreises sichergestellt ist, der Landkreis einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens erhält und die Haftung des Landkreises auf einen seiner Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird. Auch diese Voraussetzungen können erfüllt werden.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass der Gesellschaftsvertrag der GAFUG den Anforderungen der SächsGemO entspricht und eine Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde vorliegt.

Gesellschafterbeschlüsse bedürfen einer Mehrheit von drei Viertel der Stimmen aller Gesellschafter. Diese Mehrheit erreicht der Landkreis auch nicht mit der Übernahme des Geschäftsanteiles des Herrn Hartig.

Der Forderung nach einem Aufsichtsrat als Überwachungsorgan kann nicht entsprochen werden, da hierzu in der Gesellschafterversammlung am 13. Juni 2016 die erforderliche Mehrheit fehlte (privaten Gesellschafter möchten keinen Aufsichtsrat).

Chancen und Risiken
Mittelfristig ist davon auszugehen, dass auch die übrigen privaten Gesellschafter ihre Geschäftsanteile kündigen oder verkaufen werden. Insofern stellt die Übernahme des Geschäftsanteiles des Herrn Hartig durch den Landkreis einen ersten Schritt dar, die Einflussrechte zu erhöhen.

Durch die Übernahme des Geschäftsanteiles erhöht sich die allgemeine Haftungsverpflichtung des Landkreises von bisher 13.520 Euro auf 17.160 Euro. Unter Berücksichtigung des in der Bilanz der GAFUG zum 31. Dezember 2020 ausgewiesenen Eigenkapitals in Höhe von 7.209 TEuro, ist das Risiko als gering zu bewerten.

Auswirkungen auf die private Wirtschaft
Auswirkungen auf die private Wirtschaft ergeben sich durch die Übernahme des Geschäftsanteiles nicht, da hiermit keine unmittelbare Veränderung der Geschäftstätigkeit der GAFUG verbunden ist.

Steuerliche Aspekte
Die Gesellschaft verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung.

 


§ 24 Abs. 2 Nr. 14 SächsLKrO, § 63 SächsLKrO i. V. m. §§ 94a – 96 und 102 SächsGemO sowie Gesellschaftsvertrag der GAFUG in der jeweils gültigen Fassung